Kostenloser Beratungstermin
Integration

Integration ausländischer Pflegefachkräfte: Erfolgsfaktoren und Herausforderungen

7 Min
Match Redaktion
integration ausländischer pflegefachkräfte
Inhaltsverzeichnis
Ausgangslage
Dynamischer Prozess
Keine Angst
Ausländische Pflegefachkräfte
Kultur verstehen
Menschen & Handeln
Match Tipps

Integration ist das Herzstück jeder Anwerbung ausländischer Pflegefachkräfte. Ein vernachlässigter und nicht gut geplanter Integrationsprozess führt mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Scheitern der Anwerbung und des Verbleibs in der Einrichtung. Ein erfolgreicher Integrationsprozess erfordert zahlreiche Maßnahmen, einen zeitlichen Rahmen sowie insbesondere ein hohes Maß an Engagement und kontinuierlicher Reflexion. Erfahren Sie in diesem Artikel, was Sie bei der Integration ausländischer Pflegefachkräfte grundlegend beachten sollten.

Das Wichtigste in Kürze

  • Integration beginnt im Herkunftsland der ausländischen Pflegefachkraft und geht über die bestandene Kenntnisprüfung hinaus
  • Integration ist herausfordernd und bedarf daher zeitlicher, finanzieller und personeller Ressourcen
  • Integration ist ein dynamischer Prozess, an dem sowohl die ausländische Pflegefachkraft als auch alle Mitarbeiter:innen der Gesundheitseinrichtung beteiligt sind
  • Die Beschäftigung mit der eigenen Kultur ist wichtig, um ein Verständnis für die Vielfalt kultureller Prägungen von Menschen zu entwickeln
  • Integration ist das gemeinsame Aushandeln von etwas Neuem und bezieht die Bedarfe und Bedürfnisse sowie das Wissen und Erfahrungen der neuen Fachkraft mit ein
Vereinbaren Sie jetzt Ihren persönlichen Beratungstermin

Ausgangslage – Integration ausländischer Pflegefachkräfte

Der Pflegealltag auf Stationen und Wohnbereichen ist herausfordernd und anspruchsvoll. Der Fachkräftemangel verschärft die Situation zusätzlich. Um Teams zu entlasten und dem Personalmangel aktiv entgegenzutreten, ist die Anwerbung von ausländischen Fachkräften ein wichtiger Schritt. Inländische Maßnahmen reichen angesichts des demografischen Wandels und sinkender Ausbildungszahlen nicht mehr aus. Das deutsche Gesundheitssystem ist auf Verstärkung aus dem Ausland angewiesen, um eine fachlich hochwertige und menschenwürdige Versorgung pflegebedürftiger Menschen zu gewährleisten.

Deutschland ist nicht das einzige Land, das ausländische Pflegefachkräfte anwirbt. Auch andere Länder haben einen Bedarf an qualifiziertem Pflegepersonal. Zudem ist Deutschland nicht immer das Wunschland für ausländische Pflegekräfte. Laut der Studie OECD Indicators of Talent Attractiveness ist Deutschland im internationalen Vergleich bei hochqualifizierten Fachkräften sogar weniger attraktiv geworden. Im Jahr 2019 lag Deutschland noch auf Platz 12 (2019), 2023 nur noch auf Platz 15 von insgesamt 38 Ländern. Gründe sind z.B. bürokratische Hürden, eine schleppende Digitalisierung, die Schwierigkeit der deutschen Sprache sowie eine unzureichend gelebte Willkommenskultur. Zur Willkommenskultur gehört auch das Verstehen sowie die Umsetzung einer ganzheitlichen Integration der ausländischen Fachkraft, die ihre Kompetenzen, Erfahrungen und ihr Wissen hierzulande zur Verfügung stellt. Integration ist der zentrale Aspekt jeder internationalen Anwerbung.

Integration ausländischer Pflegefachkräfte – ein dynamischer Prozess

Integration ist kein Ein-Personen-Projekt, das irgendwann abgeschlossen ist und ad acta gelegt werden kann. Integration ist ein wechselseitiger, dynamischer und vielschichtiger Prozess, der Zeit braucht und an dem alle Mitarbeiter:innen (Führungskräfte, etablierte Teams, die neue ausländische Fachkraft etc.) einer Gesundheitseinrichtung (und darüber hinaus, wie bspw. Angehörige) beteiligt und auch für ihr Gelingen verantwortlich sind.

Integration setzt Lernbereitschaft und Offenheit voraus, sowohl bei den etablierten Teams als auch bei den angeworbenen Pflegefachkräften sowie bei den Führungs- und Verwaltungskräften. Integriert zu sein bedeutet, sich einem System (z.B. Team, Gruppe, Gesellschaft etc.) zugehörig zu fühlen, daran gleichberechtigt teilhaben zu können, ohne sich selbst dabei verleugnen oder verstellen zu müssen. Das setzt voraus, dass man die Bedarfe und Bedürfnisse, das Wissen, die Erfahrungen, die Stärken und die Besonderheiten der ausländischen Fachkraft anerkennt und in den Integrationsprozess einbezieht.   

Entscheidend ist das richtige Mindset: Wer etablierte Teams und neue Kolleg:innen starr gegenüberstellt und Integration mit Assimilierung gleichsetzt, wird nicht erfolgreich sein. Durch dieses Denken werden Anpassungsdruck und Hierarchien erzeugt. Das Team bleibt dann wie es ist. Neue haben sich damit abzufinden und bestehende Strukturen zu akzeptieren. Auf Seiten der ausländischen Pflegefachkraft kann das zum Verlust ihrer (kulturellen) Identität und schlimmstenfalls zur Identitätskrise führen. Das steht dem Gefühl der Zugehörigkeit und des Wohlbefindens im Team entgegen und führt höchstwahrscheinlich zur Kündigung. 

Wer hingegen Integration als Prozess begreift und annimmt, entwickelt sich selbst und das Team weiter. Kommen neue Kolleg:innen in ein bestehendes Team, gibt es nicht mehr das “alte Team” und die “neue Kollegin”. Stattdessen setzt sich das Team gewissermaßen neu zusammen. Es entstehen neue zwischenmenschliche Beziehungen und neue Dynamiken, bestehende Strukturen und Verfahren werden ggf. neu ausgehandelt. Dieses Team wird nicht nach einem Integrationskonzept entworfen, sondern entwickelt sich miteinander, lernt voneinander und wächst mehr und mehr zusammen.

Keine Angst vor Integration ausländischer Pflegefachkräfte

Der Begriff “Integration” polarisiert. Während ihn manche mit Freude verwenden und damit etwas Positives und Neues verbinden, drückt er für andere Sorgen oder sogar Ängste aus: Was geschieht, wenn Integration misslingt? Vor allem politische und mediale Debatten haben Integration zu einem heiklen Thema gemacht, das nahezu immer mit Migration in Verbindung gebracht wird.

Betrachten wir Integration losgelöst von einem Menschen aus dem Ausland, der nach Deutschland migriert: Wo findet Integration noch statt? Vielleicht mussten Sie als Kind aufgrund eines Umzugs die Schule wechseln und kamen in eine neue Klasse. Oder Sie haben in der Vergangenheit das Sportteam oder den Verein gewechselt. Haben Sie schon einmal den Arbeitgeber gewechselt und sind in ein bestehendes Team gekommen, das schon lange eingeschliffene Verfahren und Routinen hatte? Vielleicht auch Insider-Witze, die Sie als Neue nicht verstanden haben? Oder dass nicht immer die Stationsleitung das Sagen hat, sondern eigentlich eine alteingesessene Fachkraft? Und Sie wussten nicht einmal, wo die Pflegeutensilien gelagert sind? 

Das heißt: Prinzipiell müssen alle neuen Kolleg:innen integriert werden. Wenn wir irgendwo neu dazukommen, ist das zunächst mit Anspannung und eventuell mit Unsicherheit verbunden. Werde ich gut aufgenommen? Finde ich mich im neuen Team zurecht? Welche Regeln gelten hier? (Fast) Alles ist anders, neu und ungewohnt. Neue Kolleg:innen brauchen Zeit, um sich einzugewöhnen, Abläufe kennenzulernen, sich gegenseitig bekannt zu machen und – ganz wichtig – Vertrauen zueinander zu entwickeln. Ganz unabhängig davon, wo sie ihre Ausbildung absolviert haben, wo sie geboren wurden, welcher Kultur sie angehören oder welche Sprache sie sprechen. Integrationsprozesse sind zunächst immer herausfordernd – für die Teams und vor allem für die neue Kollegin/ den neuen Kollegen.  

Gleichwohl ist die Integration von ausländischen Pflegefachkräften etwas besonderes und bedarf erhöhter Aufmerksamkeit. Das ist auch auf das Zusammentreffen unterschiedlicher Pflegeverständnisse und Ausbildungen zurückzuführen. Die größte Herausforderung besteht aber fraglos im Spracherwerb. Ausländischen Pflegefachkräften sollte nach der Einreise unabhängig ihres Sprachzertifikats nahtlos eine Unterstützung beim Spracherwerb zukommen. Sprache ist und bleibt der Schlüssel für gelungene Integration. 

Lesen Sie hier alles zur Bedeutung von Sprache bei der Anerkennung und Integration ausländischer Pflegefachkräfte.

Vereinbaren Sie jetzt Ihren persönlichen Beratungstermin

Was veranlasst ausländische Pflegefachkräfte, ihre Heimat zu verlassen?

Ausländische Pflegefachkräfte haben in ihrer Heimat eine professionelle Ausbildung (oftmals ein Studium) erfolgreich durchlaufen und viele bringen bereits fundierte und wertvolle Erfahrungen aus dem Arbeitsleben mit. Die Gründe, ihre Heimat zu verlassen, sind vielfältig und individuell. Soziale, wirtschaftliche, gesetzliche, kulturelle und politische Aspekte kommen hierbei zum Tragen. In der Regel unterscheidet man zwischen sogenannten Push- und Pull-Faktoren.

Als Push-Faktoren werden Gründe im Herkunftsland bezeichnet, die eine Pflegefachkraft zur Migration veranlassen. Hierzu zählen beispielsweise prekäre Arbeits- und Lebensbedingungen, eingeschränkte Weiterbildungs- oder Karrieremöglichkeiten, Arbeitslosigkeit oder auch politische und soziale Bedingungen, mit denen die Pflegefachkraft in ihrer Heimat konfrontiert ist.

Als Pull-Faktoren werden Gründe im Zielland bezeichnet, die eine Pflegefachkraft zur Migration bewegen. Hierzu gehören bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen, bessere Bezahlung und Zukunftsaussichten sowie Sicherheit.

Der Entschluss, seine Heimat zu verlassen, wird i.d. R. etwa 2 Jahre vor der Einreise nach Deutschland gefasst und ist alles andere als leicht. Familie (vor allem Partner:in, Kinder etc.) und Freunde, die vertraute Umgebung, Lebensgewohnheiten etc. werden zurückgelassen. Es braucht viel Mut, Stärke, Motivation, Durchhaltevermögen, Offenheit und Flexibilität, um mit diesen Verlusten umzugehen, damit verbundene Risiken auf sich zu nehmen und sich den neuen Herausforderungen zu stellen.

Die Denkrichtung ist entscheidend: Anwerbe- und Integrationsprozesse sollten immer aus Perspektive der Pflegefachkraft gedacht werden. Sie trägt das größte Risiko. Was könnte Sie verunsichern? Was kann dazu beitragen, dass sie sich in Deutschland wohlfühlt? Was könnte ihr helfen? Mit welchen konkreten Maßnahmen können wir Sie unterstützen? Gehen Sie dafür regelmäßig mit Ihren angeworbenen Fachkräften in den Austausch. Bieten Sie ihnen einen geschützten Raum für Gespräche an, in dem sie offen Bedenken, Bedarfe und Wünsche äußern können. Fragen Sie sie, was ihr gefällt, was sie verunsichert und wo sie Unterstützung braucht.

Kultur verstehen – den Menschen sehen

Die Kultur, in der Menschen sozialisiert werden, prägt fraglos ihr Leben sowie die Entwicklung ihrer Persönlichkeit und ihrer Identität. Vieles, was wir denken und tun, steht in Verbindung mit unserer  Kultur, in der wir aufgewachsen sind – von der Art und Weise wie wir miteinander reden, uns begrüßen, uns  freuen und wie wir streiten, welches Verständnis wir von unserem  Körper haben, der Umgang mit Zeit, Vorstellungen von Familie, die Bedeutung von Gemeinschaften und wie wir uns in diese integrieren oder auch in diese integrieren mussten. Kultur ist somit auch stark emotional besetzt. 

Unsere kulturelle Prägung ist uns überwiegend unbewusst. Was wir tun und denken, wie wir Situationen und Menschen wahrnehmen und wie wir handeln, betrachten wir in der Regel als selbstverständlich. Erst wenn unsere Selbstverständlichkeiten herausgefordert werden und nicht mehr funktionieren oder wenn es bspw. zu Irritationen kommt, bemerken wir, dass nicht alles, was für uns selbstverständlich ist, auch für unser Gegenüber als selbstverständlich gilt. 

Menschen, die sich gegenseitig als “fremd” erleben, müssen dabei nicht unbedingt aus unterschiedlichen Ländern kommen. Auch die Begegnung von einem sich bekennenden Karnevalisten aus Köln-Ehrenfeld und einer naturverbundenen Asketin aus dem Nachbarviertel kann eine interkulturelle Erfahrung sein.

Sich auf die Integration neuer Kolleg:innen vorzubereiten und Offenheit zu leben, beginnt zunächst im Umgang mit sich selbst. Bevor wir uns Wissen über die Kultur anderer/ unserer Mitmenschen aneignen, sollten wir uns zunächst reflexiv mit unserer eigenen Kultur beschäftigen:

  • Wo komme ich her?
  • Was und wer hat mich in meinem Leben geprägt? 
  • Was sind meine Werte? 
  • Und wo habe ich diese gelernt?

Wichtig ist auch zu reflektieren: Woher habe ich eigentlich mein Wissen über andere Länder und Kulturen? Stammt mein Wissen aus zuverlässigen Quellen oder mehr vom Hören-Sagen, aus Filmen, Serien und Büchern? Und bei allem Wissen, was wir  zu haben glauben: Gewinn- und Erkenntnisbringend ist immer Offenheit und das Interesse am unmittelbaren Menschen. Es könnte sein, dass Ihre Annahmen und Ihr Wissen nicht immer zutreffend sind. Reflektieren Sie Erlebtes, das Ihnen “fremd” vorkommt oder Irritation hervorruft, hinsichtlich Ihrer persönlichen Vorstellung von Normalität und seien Sie neugierig, was die erwartete Normalität der anderen Person ist.

Vereinbaren Sie jetzt Ihren persönlichen Beratungstermin

Menschen und ihr Handeln nicht überkulturalisieren

Nicht alles, was wir denken und wie wir handeln und uns verhalten, kann und sollte auf unsere Kultur und Herkunft zurückgeführt werden. Wir werden von weitaus mehr geprägt als nur von einer Kultur. Zudem können Unterschiede innerhalb eines Landes (bspw. zwischen Regionen) oft größer sein als z.B. zwischen Metropolen verschiedener Länder.

Wissen, das wir uns über ein Land, eine Religion oder eine Kultur angeeignet haben, kann dabei helfen, das Verhalten und die Handlungen eines Menschen zu verstehen. Ihn oder sie aber ausschließlich auf der Grundlage dieses Wissens zu erfassen, wird diesem Menschen nicht gerecht. Wichtig ist, Menschen in ihrer Individualität zu sehen und als Individuen anzuerkennen und sie nicht einfach in Kollektive einzuordnen.

Vor allem ein Denken in Nationalkulturen sollte vermieden werden, wie bspw. “wir Deutsche”, “die Tunesier” oder “die Mexikaner“. Kultur ist dynamisch, einem stetigen Wandel unterworfen und macht nicht an Landesgrenzen halt. Eine schematische Gegenüberstellung von “wir” und “die anderen” hebt kulturelle Unterschiede mitunter unnötig hervor, zieht Grenzen und macht Menschen einander fremder, als sie es vielleicht in Wirklichkeit sind.

Match Tipps

  • Integration als wechselseitigen und dynamischen Prozess anerkennen, der auf beruflicher, kultureller sowie zwischenmenschlicher Ebene stattfindet. Eine offene und integrative Haltung ist dabei Grundvoraussetzung.
  • Verstehen Sie Integration als das gemeinsame Aushandeln von etwas Neuem und nicht als Anpassung einer Minderheit an etwas Bestehendes. Das setzt die Gleichbehandlung aller Teammitglieder voraus.
  • Wichtig ist, den Menschen in seiner Individualität, mit seinen Bedürfnissen und Bedarfen und mit seinem Wissen und seinen Erfahrungen, die ihn geprägt haben, ernst zu nehmen und wertzuschätzen.
  • Integration geht nicht mit Kulturverlust einher. Begegnen Sie kultureller Vielfalt mit Respekt und Wertschätzung und erforschen Sie Ihre eigene kulturelle Prägung. 
  • Bedenken Sie, dass ein Denken in Nationalkulturen, wie “die Deutschen” und “die Brasilianer” zu unzulässiger Verallgemeinerung führt.
  • Menschen funktionieren nicht nach einer kulturellen Formel: Seien Sie sich bewusst, dass Kultur Menschen prägt, aber nicht alles, was sie tun, auf ihre Kultur zurückzuführen ist.
  • Kulturelle Unterschiede respektvoll thematisieren und anerkennen.
  • Gemeinsamkeiten sehen und stärken.  
  • Begegnen Sie Integration mit Geduld, Empathie, Flexibilität, Offenheit.
Vereinbaren Sie jetzt Ihren persönlichen Beratungstermin

Disclaimer: Wir machen darauf aufmerksam, dass unsere Inhalte (auch etwaige Rechtsbeiträge) lediglich dem unverbindlichen Informationszweck dienen und keine Rechtsberatung im eigentlichen Sinne darstellen. Der Inhalt dieser Informationen kann und soll eine individuelle und verbindliche Rechtsberatung, die auf Ihre spezifische Situation eingeht, nicht ersetzen. Insofern verstehen sich alle bereitgestellten Informationen ohne Gewähr auf Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität.

Teilen
Match Redaktion

Unsere Redaktion besteht aus qualifizierten und erfahrenen Fachleuten, die ihr Wissen nutzen, um fundierte Informationen und Beiträge im Bereich der Anwerbung, Anerkennung und Qualifizierung sowie Integration ausländischer Pflegefachkräfte zur Verfügung zu stellen.